Evangelische Kirche Giflitz mit Lindenholzfiguren aus dem 15. Jahrhundert.
Die Evanglische Kirche in Giflitz ist eine der 14 Kirchen, die sich am Edersee und entlang des Eder-Radweges befinden. Durch die Ausstattung der Kirchen mit einem multimedialen, barrierearmen Info-System können Sie in die Geschichte der Kirche und des jeweiligen Ortes eintauchen, Andachten und Musikstücken lauschen, Rätsel lösen oder Tipps für die Weiterfahrt erhalten.
Über dem Portal der Giflitzer Kirche steht neben dem Waldecker Stern die Jahreszahl 1625. Die Buchstaben CGVHZW bedeuten Christian Graf und Herr zu Waldeck. Welchen Grund diese Jahreszahl hat, ist nicht bekannt, denn die Kirche ist sicher älter. Möglicherweise - so vermutet Pfarrer i. R. Klaus Mombrei - ist der gesamte Türsturz erst später aus einem anderen Gebäude eingebaut worden.
Schon 1565 wird die Giflitzer Kirche dem Kirchspieldorf Bergheim zugeordnet, das im Mittelalter ein Dekanat des Archidiakonates Fritzlar war, wo ein Erzpriester seinen Sitz hatte. Es gibt keine Informationen darüber, ob die Kirche im Dreißigjährigen Krieg teilweise zerstört worden ist. Jedenfalls müssen in der Mitte des 18. Jahrhunderts größere Bauarbeiten durchgeführt worden sein. Denn als die Kirche des Johanniter-Hospitals im Wildetal bei Nieder-Wildungen abgebrochen wurde, gelangten Steine von dort nach Giflitz. Auch ohne mächtigen Turm wie in Bergheim, Königshagen oder Affoldern mag die Giflitzer Kirche früher für die Menschen in Kriegszeiten ein Zufluchtsort gewesen sein.
Ihr heutiges Äußeres erhielt die Kirche durch eine Renovierung in den Jahren 1947 bis 1954. Dabei wurde der Putz von den Außenwänden entfernt und so die Bruchsteine wieder freigelegt. Der Dachreiter erhielt auf Kosten der politischen Gemeinde ein neues Schieferkleid. Die Wetterfahne mit Stern fertigten die örtlichen Schmiedemeister Karl Kuntzemann und Hans Schmeißer an.
Im Kircheninneren bewirken der durch einen Rundbogen abgeteilte Chor, die Empore und das alte Gestühl eine harmonische Atmosphäre. Die Empore stammt ebenso wie die hölzerne Kanzel aus dem 17. Jahrhundert. Früher saßen Frauen und Männer beim Gottesdienst getrennt. Die Empore war der Platz für die Männer. Das Gestühl mit seinen geschwungen profilierten Seitenwangen wird auf das 18. Jahrhundert datiert. In früheren Zeiten hatte jede Familie ihre namentlich gekennzeichnete Bank oder ihren „Stand“. Klaus Mombrei berichtet in der Festschrift zur 1200-Jahr-Feier vom Verkauf der Kirchenbänke – damals eine wichtige Einnahmequelle für die Kirche.
Die alte Orgel stand in der Mitte des Chores über dem Altar. Die jetzige wurde 1903 von dem Orgelbauer Vogt in Korbach geschaffen und auf der Empore eingebaut. Die Kanzel wurde damals aus dem Chorbogen heraus an die Südwand des Kirchenschiffes verlegt und im Chorraum der Renaissance-Taufstein aufgestellt.
Eine besondere Kostbarkeit sind die vier an den Chorwänden angebrachten Figuren aus Lindenholz, die um 1950 bei Renovierungsarbeiten auf dem Kirchenboden entdeckt worden waren: Maria und der Evangelist Johannes unter dem Kreuz, sowie vermutlich Maria Magdalena und die Heilige Ludmilla. Sie wurden ebenso wie der gekreuzigte Jesus auf dem Altar 2009 restauriert bzw. konserviert. Die geschnitzten Figuren entstammen einem Ende des 15. Jahrhunderts gefertigten Altar.
Während der Renovierung von 1992 bis 1994 wurden im gesamten Kirchenraum Wandmalereien entdeckt. Sie zeigen Szenen aus dem Neuen Testament. Hinter der Orgel ist die Verurteilung durch Pontius Pilatus und die Geißelung dauerhaft freigelegt. Der damalige Bezirkskonservator Prof. Dr. Michael Neumann datierte die Malerei auf das Ende des 15. Jahrhunderts. Demnach muss die Giflitzer Kirche älter sein als bis dahin angenommen.